Willkommen in Deutschland. Hier altert man nicht. Hier wird retuschiert. Gefiltert. Verfüllt. Und vorsichtshalber schon mit 22 betäubt, gegen eine Falte, die noch nicht einmal gedacht wurde Du lachst zu echt? Botox. Du denkst mit der Stirn? Botox. Du hast Lippen, die sich bewegen, aber nicht monetarisieren lassen?
Dann: Volumen. Zertifiziert. Unauffällig. Unaufhaltsam.
Die neue Krankheit heißt: Natürlichkeit.
Und ihre Symptome sind: Poren. Charakterzüge. Emotionale Restbestände im Gesicht.
Und dann kommt er. Der Messias des Möglichen. Der Prophet der Porenfreiheit. Der Mann, der „Ich bin Kunst“ sagt und dabei wie eine sehr entschlossene Pralinenverpackung aussieht.
Harald Glööckler.
Haute Couture auf Adrenalin. Ein barocker Albtraum mit Goldrahmen. Ein Gesicht wie ein Gemälde, nur dass das Gemälde zurückmalt und fragt: „Wolltest du das wirklich?“
Er sagt: „Ich habe mich erschaffen.“ Wir sagen: „Okay… aber wie oft?“
Denn was früher das Alter war, ist heute ein behebbarer Zustand. Falten? Störung der Markenästhetik. Mimik? Reputationsrisiko. Ein echtes Gesicht? Cancelbar.
Glööckler ist nicht der Fehler. Er ist der Demoschnitt. Ein lebendes Update für alle, die glauben, dass Schönheit beginnt, wo die Schmerzen gut betäubt sind.
Der neue Trend: vorsorgliche Entstellung. Botox mit 20. Lippen wie Bojen. Wangen wie Alpenpanorama. Augenbrauen in Flugrichtung. Und mittendrin: eine Person, die noch nie echt war und es langsam auch nicht mehr versucht.
Und irgendwo sitzt ein Mädchen mit 19 Jahren, einem iPhone in der Hand und der Frage: „Wenn ich perfekt bin, darf ich dann endlich ich sein?“ Aber nein. Du sollst nicht du sein. Du sollst glänzen. Du sollst buchbar sein. Veränderbar. Optimierbar. Uploadfähig.
Wir lachen über Glööckler. Und folgen ihm trotzdem. Mit jeder Story. Mit jedem Filter. Mit jedem Satz wie: „Mach doch, wenn’s dir hilft.“ Weil wir nicht merken, dass Hilfe nicht mehr heilt, sondern ersetzt.
Und wenn sie dann weinen, sagen wir: „Vorsicht das zieht die Stirn runter.“ Wenn sie zögern: „Ein kleiner Eingriff reicht.“ Wenn sie verschwinden: „Sie war halt nicht konsequent genug.“
So stirbt Identität. Nicht im Alter. Sondern am Ringlicht. Und wenn du morgens in den Spiegel schaust und dich nicht erkennst, Gratuliere. Du hast’s geschafft.
Willkommen im Club der formvollendeten Fremde. Meine lieben Leser